Beim Aushärten von Epoxid werden ungefähr 60 – 80% der später auftretenden Probleme verursacht. Diesem Prozess wird in der Praxis meistens viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt!
Zuerst dasWichtigste in Kürze: Bei wärme-härtenden Klebstoffen ist der Aushärtezyklus immer eine Kombination vonTemperatur und Zeit. Oft können verschiedene Zeit/Temperatur-Parameter gewählt werden. Wichtig: es gibt nicht DENBESTEN Aushärtezyklus. Dieser ist immer abhängig von denspäteren Anforderungen an die Klebestelle und der Geometrie derTeile.
Abhängigvon den Zeit-/Temperaturparametern und der Aushärtemethode (Umluftofen,Durchlaufofen, Heizplatte, IR, etc.) ergeben sich unterschiedliche Vernetzungsgrade!
Generell gilt:Hochtemperaturhärtung (hohe Temperatur, kurze Härtungszeit) ergibteine zu fast 100%ige Vernetzung und damit eine optimale Temperatur-und Feuchtebeständigkeit, Klebefestigkeit und Chemikalienbeständigkeit sowie geringste Ausgasungsraten. Je höher die Härtetemperatur, desto höher ist auch dieGlasübergangstemperatur (Tg). Bei elektrisch- und thermischleitenden Klebstoffen ergeben sich auch die geringsten elektrischenund thermischen Widerstände an der Klebestelle. (s. auchBroschüre„Optimizing Thermal Management inMicroelectronics“).
Jedoch werden die Klebstoffe bei einer solchen Härtung auch maximal spröde! Dies ist v.a. beim Verkleben von größeren Substraten zubeachten.
Eine Härtung bei niedrigen Temperaturen und bei längerer Härtungsdauer ergibt zwar nicht die beste Klebefestigkeit und nicht die höchstenelektrischen und thermischen Leitfähigkeiten. Dafür bleibt dergehärtete Klebstoff etwas flexibler und kann so Spannungen, welche durch unterschiedliche thermische Ausdehnungen der verklebten Materialien hervorgerufen werden, besser ausgleichen.
Um die gewünschten Eigenschaften der Hochtemperaturhärtung ohne deren Nachteile zu erhalten empfiehlt es sich, die Härtetemperatur langsam hinauf-zufahren, z.B. 10°C/5 min, und ebenfalls wieder langsam herunter zu kühlen. Der thermische Stress wird dadurch vermindert.Je nach Exothermer (Mischungswärme, „Eigenwärmereaktion“) kann esauch notwendig sein, die geklebten Teile zuerst bei Raumtemperatur stehen zu lassen damit der Klebstoff gelieren kann,bevor im Ofen ausgehärtet wird. Die in den Datenblättern angegebenen Temperatur/Zeitkombinationen für die Aushärtung sind als Empfehlungen zu betrachten! Die optimale Aushärtung ist abhängig von der einzelnen Anwendung. In den Datenblättern werden Mindestbedingungen für die Aushärtung angegeben. Es empfiehlt sich daher, die Härtezeiten bei den jeweiligen Temperaturen zuverdoppeln.
Wichtig: Mankann nicht zu viel, wohl aber zu wenig härten!
DasWort Polymer kommt von griechisch pol-,was so viel heißt wie „viele“, und meros,was so viel heißt wie „Teile“. Damit ist gesagt, das Polymere lange Molekülketten sind, die aus vielen tausend kleinerer,aneinander gereihter Einheiten (sog. Monomere) bestehen.
Esgibt zwei Hauptkategorien von Polymeren – thermoplastisch und duroplastisch.
Thermoplastische Polymere sind im Allgemeinen aus linearen Polymerketten zusammen gesetzt, die bei Erwärmung in der Lage sind, aneinander vorbei zugleiten. Auf diese Weise kann man sie erwärmen und formen,und danach abermals erwärmen und neu formen. Das lässt sich schadlos beliebig wiederholen. Andererseits erfahren duroplastische Polymere eine chemische Reaktion durch Erwärmung und Aushärtung, wobei sich eine dreidimensionale Vernetzung der Moleküle ereignet. Wenn dieseMaterialien ausgehärtet sind, ist ihre Struktur fixiert und das Material kann nicht erneut verformt oder prozessiert werden.
DerHärter dieses Systems ist ein Di-Amin, welches eine reaktive Aminogruppe an beiden Enden des Moleküls enthält. Jeder der Epoxidringe kann durch ein aktives Wasserstoffatom am Ende desDi-Amins geöffnet werden, um die chemische Verbindung zwischen Epoxid-monomer und dem Härter herzustellen. Dieser besondere Di-Aminhärter liefert vier aktive Wasserstoffatome, die in der Lage sind, mit vier verschiedenen Epoxid-monomeren zu reagieren und sie auf diese Weise zu vernetzen. Es ist typisch, dass je höher die Funktionalität (Zahl der reaktiven Stellen) des Härters, die Vernetzung umso dichter wird. hieraus ergibt sich ein duroplastischesPolymer größerer Härte und höherer thermischer, chemischer und Feuchtewiderstandsfähigkeit ergibt.
Die Kinetikdes Härtens (chem. Reaktion beim Aushärten)
Der Ablauf des Härtens von thermisch härtenden Klebstoffen kann mittels eines Differentialkalorimeters (DSC Differential ScanningCalorimetry) verfolgt werden. Dabei wird die Energieabsorption einer Probe gemessen, die einem definierten thermischen Profil unterworfen wird. Der Energiebetrag, der in einem Material zu jeder gegebenenZeit enthalten ist, nennt man Enthalpie. Wenn zusätzlich Energiezugeführt wird, nimmt die Enthalpie zu.
Die Höhe der resultierenden Temperaturänderung im Material ist bestimmt durch seine spezifische Wärme. Bei gegebener Temperatur ist spezifische Wärme der Energiebetrag, der für die Erwärmung um eine Einheit (Grad) erforderlich ist.
Die spezifische Wärme eines Materials ändert sich nur wenig mit der Temperatur solange der physikalische Zustand unverändert bleibt.Wenn aber die zugeführte Energie ausreicht, um eine Zustandsänderung zuverursachen (z.B
Schmelzen,Zersetzung,Härten) ändert sich die spezifische Wärme. Diese plötzliche Änderung der spezifischen Wärme ist ein Übergang und verändert die Energiezufuhr die erforderlich ist, um das gewünschte Heiz- oderKühlprofil einhalten zukönnen.
Energieabsorbierend-Zustandsänderungennennt man endothermisch. Schmelzen ist ein Beispiel für eineendothermische Zustandsänderung. Wärme wird dem System zugeführt,um den Molekülen Beweglichkeit zu verschaffen. Schliesslich ist dem System genug Energie zugeführt, so dass das Material zu fließen beginnt. In diesem Augenblick ist die zugeführte Wärme zur kinetischen Energie der Flüssigkeit geworden.
Andererseits nennt man Zustandsänderungen, bei denen Energie abgegeben wird,exothermisch.Die Reaktionswärme (Aushärten) und die Kristallisation sind Beispiele für exothermische Übergänge.
DieGlasübergangstemperatur(Tg)
Wie bereitszu Beginn dieses Abschnittes diskutiert, erlaubt die chemischeVernetzung wärme härtender Materialien kein Schmelzen oder Fliessen wenn man sie nach dem Härten wieder erwärmt. Allerdings erleiden vernetzte Materialien ein leichtes Erweichen bei erhöhterTemperatur, die man als Glasübergangstemperatur (Tg) bezeichnet.
Die Tg ist kein scharf definierter thermodynamischer Übergang, sondern eher ein Temperaturbereich, über den die Beweglichkeit der Polymerkettennennenswert zunimmt, und das Grundmaterial von starr/glasartig ineinen eher gummiartig/nachgiebigen Zustand übergeht.
Der Temperaturbereich, über den dieser Übergang statt findet, ist sehr abhängig vom Grad der chemischen Vernetzung, der Verknüpfung der Molekülketten und dem Grad der Flexibilität der Polymerketten.
Tg isteine endothermische Zustandsänderung, bei der Energie für den Übergang in den gummiartigen Zustand zugeführt werden muss. DieserÜbergang kann ebenfalls mit DSC charakterisiert werden gemäß ASTME1356, "StandardtestMethode for Assignment of the Glass Transition TemperaturebyDifferential Scanning Calorimetry".Materialprobenwerden in der gleichen Weise präpariert und getestet wie zur Messungder Aushärtekinetik, mit der Ausnahme, dass die Proben bereits gehärtet sind. Die Materialprobe kann entweder ausserhalb des DSCmit einem anwendungsspezifischen Härteprofilgehärtet werden (Ofen,geheiztes Werkzeug, etc.), oder im DSC während eines vorausgehenden kinetischen oder isothermischen Scan.
Das Format einer Tg-Messung ist sehr ähnlich dem einer Kinetikmessung. DieTemperatur ist auf der X-Achse und der Wärmefluss auf der Y-Achseaufgetragen. Im Unterschied zu den großen exothermischen Spitzenwährend des Härtens, erscheint Tg als eine kleine endothermischeStufe im Wärmefluss.
Der Grund,warum die Tg einen Temperaturbereich umfasst und keinen bestimmtenPunkt ist, dass die vernetzten Polymerketten Zeit brauchen, um auf die zugeführte Energie mit erhöhter Mobilität zu reagieren. Bei ein klein wenig zu geführter Energie können die flexibleren Kettensegmente beginnen, sich ein wenig zu bewegen. Diese kleinen Bewegungen schaffen freien Raum, der mit zunehmender Energie den weniger flexiblen und starren Segmenten Bewegungsspielraum gibt. Dadurch braucht es auch bei konstanter Temperatur eine gewisse Zeit für den Übergang in den gummiartigen Zustand. Wird hingegendie Tg bestimmt, in dem man die Temperatur hochfährt, ist dieTemperaturanstiegsrate von großem Einfluss auf die Lage der Tg. Langsamer Temperaturanstieg lässt den Polymeren mehr Zeit sich der erhöhten Energie entsprechend zu orientieren und resultiert in einertieferen Tg.
Andererseits läss trascher Temperaturanstieg den Polymerketten wenig Zeit zur Reaktionauf die zugeführte Energie und der Tg-Bereich wird zu höherenTemperaturen verschoben. Es ist daher wichtig die Testbedingungen, unter denen die Tg bestimmt wurde, zu kennen. Temperaturraten von10°C/Min. und 20°C/Min. sind in der Industrie üblich. Die20°C/Min.Methode wird häufig benutzt weil sie die Testzeit auf die Hälfte verkürzt. Allerdings erhöht sich dadurch der angegebeneTg-Wert.
DieTg ist auch abhängig vom Aushärtegrad. Normalerweise wird die Tg für 100%ig ausgehärtetes Material angegeben. Es ist jedoch möglich, dass bei gegebener Anwendung ein geringerer Aushärtegrad vorliegt. Das kann in geringerer Vernetzung und damit in einer niedrigeren Tg resultieren. Eine hohe Tg ist nicht notwendigerweise für eine gute Klebung erforderlich. In gewissen Fällen kann es vorkommen, dass der Kleber über seiner Tg eingesetzt wird. Da das Material vernetzt ist wird es bei hoher Temperatur zwar weicher aber klebt nach wie vor gut. Weicheres Material ist des Öfteren wünschenswert in Anwendungen, in denen Widerstandsfähigkeit gegenüber thermischem oder mechanischem Schock gefordert wird.
Materialien mit hoher Tg sind in Anwendungen wünschenswert, die hohe mechanische Stabilität im gegebenen Temperaturbereich oder hoheTemperaturfestigkeit erfordern.