Unter diesem Verdacht stehen seit geraumer Zeit auch Organozinnverbindungen, deren bekanntester Vertreter das Tributylzinnoxid (TBTO, TBT) ist.
Die Organozinn-Verbindungen sind z.T. leichtflüchtig und können inhalativ aufgenommen werden. Ein weiterer Aufnahmepfad ist die dermale Resorption (Aufnahme durch die Haut) durch den direkten Kontakt mit belasteten Kleidungsstücken. Dass Kleidungsstücke mit TBT belastet sind, wurde im Fernsehmagazin PlusMinus einer breiten Öffentlichkeit bewusst gemacht. Die öffentliche Diskussion ist seither verstärkt. TBT ist Wasserlöslich und wird durch die im Wasser lebenden Organismen aufgenommen. TBT kann in gelöster Form in der Natur nicht abgebaut werde, was unweigerlich zu einer ständigen Anreicherung in unseren Gewässern (auch Grundwasser) führte.
Vorkommen / Quellen
Tributylzinnoxid (TBTO) wird neben Tributylzinn-Benzoat (TBTB) und Tributylzinn-Naphtenat (TBTN) schon seit Jahren im Materialschutz eingesetzt, aber auch als Konservierungsmittel wasserverdünnbarer Anstriche und für schimmelfeste Anstriche verwendet. Die Wirkung hängt vom Zinngehalt ab. Unter anderem wurde es eingesetzt als Biozid in Schiffsanstrichfarben (Antifouling), um den Algenwuchs an der Schiffshaut zu vermindern. Diese sollen den Bewuchs des Rumpfes, zum Beispiel mit Seepocken, verhindern, der die Geschwindigkeit des Schiffes bremst. Bislang eingesetzte Unterwasseranstriche insbesondere Organozinn- und Kupferverbindungen wirken nicht nur unmittelbar am Schiffsrumpf tödlich auf Algen und kleine Meerestiere, sondern stellen auch eine starke Belastung für die umliegenden Gewässer dar. Da die Stoffe schwer abbaubar sind, lagern sie sich in Sedimenten ab und reichern sich in der Nahrungskette an.
80 Prozent der weltweiten Produktion von TBT wurde in Schiffsanstrichen verwendet. Allein in der Nordsee wurden jährlich durch die Schifffahrt 90 bis 100 Tonnen TBT freigesetzt, das sich besonders in Hafenböden anreichert. Schon Anfang der 80er Jahre zeigte sich die weitreichende Schädigung von Meeresorganismen. Für Boote unter 25 m Länge ist die Anwendung in Deutschland seit 1990 verboten. Dennoch wird TBT in deutschen Fließgewässern in Schwebstoffen und im Sediment zum Teil immer noch in erhöhten Konzentrationen nachgewiesen. Vermutlich gelangt es auch bei anderen Anwendungen, etwa beim Holzschutz, ins Abwasser oder wird vom Regen ausgewaschen.
Organozinnverbindungen dienen auch in steigendem Maße als Stabilisatoren für PCP und PVC, um gebildeten Chlorwasserstoff zu entfernen. Auf diese Weise verhindert man innere Erosion von Transformatoren und Maschinen. In privaten Haushalten beinhalten Konservierungsmittel wasserverdünnbarer Anstriche und schimmelfeste Anstriche TBT als wirksame Komponente. TBT wird als Desinfektionsmittel sowie als Pilz abtötendes Mittel in Textilien, Leder, Papier und Holz verwendet. Auch in industriellen Wassersystemen wie Kühltürmen und in Kühlkreisläufen in der Holz- und papierverarbeitenden Industrie sowie Brauereien wird TBT verwendet.
Das TBT- ähnliche Triphenylzinn (TPhT) ist Bestandteil in vier zugelassenen Pflanzenschutzmitteln.
Organozinnverbindungen sind u.a. in Bufo Holzschutzlasur, Pallmann Tinto Holzveredelung, Pigrol Holzwurm-Ex, -Imprägniergrund, -Jägerzaunlasur enthalten. Im englischsprachigen Raum enthalten die Produkte Alumacoat, Bioclean, FloTin, Fungitrol, TinSan, Ultrafresh und Vikol Organozinnverbindungen.
Wirkungen von Organozinnverbindungen
Der am häufigsten eingesetzte Wirkstoff ist Tributylzinn (TBT), ein sehr langlebiges und hochgradig toxisch wirkendes Zellgift, das schwer abbaubar ist und nach einigen Aussagen auch akut toxisch wirkt. TBT ist ein Zellgift, dass schon in geringen Mengen beispielsweise in den Hormonhaushalt von Meeresschnecken eingreift. Weibliche Schnecken verwandeln sich unter dem Einfluss von TBT in unfruchtbare Männchen. Weltweit sind ca. 100 Meeresschneckenarten vom Aussterben bedroht.
Tributylzinn ist in der Lage in das Hormonsystem einzugreifen und dieses durch falsche Signalgebung zu beeinflussen. Die Fortpflanzungsfähigkeit von Schnecken und Austern wurde durch die hormonelle Wirksamkeit der Chemikalie reduziert oder ging sogar verloren. Diese Wirkung von TBT, dem bisher einzigen bekannten Stoff mit androgenem (vermännlichendem) Effekt wurde an Wasserschnecken beobachtet und erforscht. Die Wirkungsweise des TBT basiert auf einer Blockierung der Östrogen- und einer Erhöhung der Testosteronproduktion, was bei vielen Tierarten zu den genannten Missbildungen führt. Toxisch sind auch die Abbauprodukte von TBT, nämlich Di- und Monobutylzinn. Beide Stoffe sind im Gewebe von Meerestieren und in Sedimenten zu finden.
In Untersuchungen wurde menschliches Blut erprobt. In den meisten Proben wurde TBT gefunden. Beim Menschen kann TBT das Immunsystem schädigen, indem vor allem die Funktion von Immunzellen, die gegen Infektionen kämpfen, gestört wird. Für den Menschen wurde auf Basis dieser Wirkung im Jahr 1993 ein maximaler tolerierbarer Aufnahmewert (TDI) von ca. 15 Mikrogramm pro Tag abgeleitet. Wie aber im Juni 1999 bekannt wurde, wirkt TBT auch beim Menschen als potenziell endokriner Stoff, der das Hormonsystem schädigen kann. Die Wirkung von Tributylzinn (TBT), dem einzigen bisher bekannten Stoff mit androgenem (vermännlichendem) Effekt, wurde an Wasserschnecken beobachtet. Entlang der Schiffsrouten der Nordsee starben die Meeresschnecken sogar aus, da nur noch Tiere mit männlichen Geschlechtsmerkmalen vorkamen.
Die akute Toxizität der Organozinnverbiundeungen ist dabei stark von der Länge der Alkylketten am Zinn abhängig. Tributylzinn (TBT) ist generell weniger toxisch als trimethyl- und triethyl- Zinnverbindungen. Bei oraler und dermaler Aufnahme werden in der englischsprachigen Literatur TBT –Verbindungen als nur moderat toxisch eingestuft, können aber stark irritativ auf die Haut wirken, speziell auf die Haarfollikel. Bei hohen Konzentrationen und Hautexposition können verbrennungsähnliche Erscheinungen auftreten. Bei Dockarbeitern wurden nach Exposition mit TBT- haltigen Dämpfen und Stäuben Hautirritationen, Schwindel, Atemschwierigkeiten und grippeähnliche Symptome berichtet. Augen- und nasale Schleimhautreizungen können ebenfalls auftreten.
Beim Nachweis von Schädigungen steht die Forschung zum großen Teil noch am Anfang, bei Wasserlebewesen allerdings wurden bereits deutliche Veränderungen nachgewiesen. Um den derzeitigen Wissensstand zusammenzufassen, erstellte das Institut für Toxikologie der Christian-Albrechts-Universität Kiel im Auftrag des Umweltbundesamtes eine Literaturstudie über "Substanzen mit endokriner Wirkung in Oberflächengewässern".
Was ist Diuron?
Diuron ist ein Pestizidwirkstoff, der als Pflanzengift angewendet wird und den Kupfer- Antifoulings zugesetzt wird. Das so genannte Totalherbizid aus der Gruppe der Phenylharnstoffe tötet über die Wurzel alle Pflanzen. Haupteinsatzgebiete sind Bahngleise, kommunale Wege und Plätze und Kleingärten. Hausbesitzer nutzen das Gift, um Terrassen oder Garagenauffahrten pflanzenfrei zu halten. Diuron wird häufig im Grundwasser oder im Oberflächenwasser (Flüsse und Bäche) gefunden und gefährdet dadurch die Trinkwasserversorgung. Diuron wird auch als Katalysator für die Antifouling Farben als Bewuchsschutz beigesetzt, um den Reaktionsprozess zu steuern, da Kupfer alleine bei höheren Temperaturen bei weitem nicht ausreichend ist, den Bewuchs oder die Seepocken abzuwehren. Bei entsprechender Verfahrensweise wird kein Diuron in den Gewässern freigesetzt. Nur die Verwendung von Diuron als Bewuchsschutz ist ungeeignet, da es kristallin ist und sich im Wasser bereits mach ein paar Stunden vollständig auflöst. Die bereits neu entwickelten Antifoulings enthalten keine Schwermetalle oder Diuron. Der max. Bewuchsschutz beträgt zur Zeit max. 30 Monate, was für die Industrie nicht ausreicht da diese 60 Monate fordert. Es wird somit noch einige Jahre dauern, bis ein Oxydationsschutz ohne Schwermetalle und Diuron mit den geforderten Eigenschaften erhältlich sind. Bereits angebotene Keramik-Kupferoxydbeschichtungen wie Coopershild, Pox- Tree usw. sind auf Grund der Aplikationsprobleme kaum tauglich. Auch der Preis steht in keinen Verhältnis zur Wirkung. Auch die Versprechungen eines Bewuchsschutzes bis 10 Jahre sind eine Utopie. In kühlen Gewässern ohne Seepocken bis 3 Jahre, für warme Gewässer und Seepocken sind diese Produkte vollkommen untauglich.
Der Einsatz diuronhaltiger Pestizide auf Gleisanlagen ist bis zum 31.März 1996 befristet. Die Biologische Bundesanstalt in Braunschweig muss als Zulassungsbehörde Ende Februar/Anfang März über die Weiterverwendung des Giftes entscheiden. Grundlage ist ein von der Bahn in Auftrag gegebenes, nicht öffentliches Gutachten. Eine Entscheidung gibt es bis Heute nicht und wird somit bei der Bahn und den Antifoulings weiter verwendet.
Warum ist Diuron für den Menschen gefährlich?
Diuron ist ein Gift wie alle Pestizide, die Pflanzen, Tiere oder Pilze vernichten sollen. Nach Angaben der amerikanischen Umweltbehörde EPA kann Diuron Geburtsschäden hervorrufen. Die Abbauprodukte des Stoffes können Blutarmut hervorrufen und den Sauerstofftransport blockieren.
Da Diuron nicht das einzige Umweltgift im Wasser ist, muss man auch das Risiko der Wechselwirkungen mit anderen Giften beachten, über die es sehr wenig Informationen gibt. Grundwasser muss besonders geschützt werden, denn Gifte, die im Grundwasser ankommen, können nur sehr aufwendig wieder entfernt werden. An die Qualität von reinem Wasser reichen solche Reserven nie wieder heran. Für reines Wasser gibt es keinen Nachschub.
Trotz Bedenken wurde die Produktion von Bayer beträchtlich erhöht da es trotz erheblichen Aufwand keinen Ersatzstoff gibt. Das Ziel ist also, Diuron nur noch in genauen Dosierungen einzusetzen, wie es seit 2002 bei den SPC`s Antifoulings in gekapselter Form geschieht. Dadurch konnte die Belastungen besonders unserer Gewässer erheblich reduziert werden. Wobei die Haupverursacher der erhöhten Diuronbelastungen ist die Landwirtschaft und Textielindustrie.
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